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Raumarchitektur und Gestaltung für Bildung

30. Oktober 2024

Dass Innenarchitektur und Farbgestaltung eine sehr wichtige Rolle bei der Förderung unserer Kreativität spielen ist hinlänglich bekannt. Welch starke Wirkung unser räumliches Umfeld auf unser Befinden hat, zeigte sich zuletzt in Pandemiezeiten noch einmal sehr deutlich. Sowohl Wohn- als auch Arbeitsbereiche wurden komplett neu und multifunktionaler gestaltet, um einerseits Komfort (Home) sowie andererseits auch Produktivität (Office) zu erhöhen. Die Bedeutung für die mentale Gesundheit und kreative Förderung fand in den letzten Jahren insbesondere beim Design von Coworking-Spaces Berücksichtigung.

 

WORK AND PLAY!

 Von Julia K. M. Greven (philla BrandXitement)



© bullahuth Fotografie & Gestaltung


Die Gestaltung der Räume durch Architektur, Form, Farbe und deren spielerische Flexibilität, ist wohl nirgendwo mehr gefragt wie im Bereich der frühkindlichen Erfahrungswelt. Kinder erhalten ihre Impulse, Anregungen, Ideen und Werte direkter als Erwachsene durch den Raum und die Umgebung. Sie fühlen, tasten, entdecken, erforschen, bauen, gestalten, spielen – und reagieren stärker auf sensorische Reize wie Farben, Formen und Texturen. Dafür spielt der Raum eine wesentliche Rolle als eine inspirierende und stimulierende Umgebung.

 

Zugrunde liegt hier die Bildungsphilosophie von Loris Malaguzzi, einem italienischen Pädagogen aus dem zwanzigsten Jahrhundert und Begründer der Reggio-Pädagogik, welche einen besonderen Wert auf die Rolle der Umgebung als integralen Bestandteil des Lernprozesses sieht und auf dem Verständnis basiert, dass Kinder von Natur aus neugierig und kreativ sind. Dafür sind Räume notwendig, die Selbständigkeit, Kreativität und soziale Interaktion der Kinder unterstützen und fördern.

 


Spielen, lernen, basteln ... (© fröbel Bildung und Erziehung gemeinnützige GmbH)


Das Büro Dung Ullrich Architekten erforscht in ihren Projekten, wie sich diese Erkenntnisse auf die Gestaltung von Räumen für die frühkindliche Bildung übertragen lassen. Für die Planung des fröbel-Kindergarten „Flügelnuss“ im Bonner Stadtteil Bad Godesberg wurde ein Lehrforschungsprojekt in Kooperation der fröbel Bildung und Erziehung GmbH mit Studierenden der TH Köln/ Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften und der Hochschule Bremen/ School of architecture vorgeschaltet. Im Rahmen eines partizipativen Planungsprozess entwickelten Studierende, zusammen mit Kindern, Eltern und Fachkräften, hierbei Kriterien für die Gestaltung von Kindertageseinrichtungen und überprüften diese in ersten Entwurfsstudien durch eine Evaluation. So wurde gemeinsam ein Impuls gesetzt, um in Kindertageseinrichtungen bessere Bedingungen in Bezug auf Wohlbefinden, Kreativität und Bildung für Kindern zu schaffen. Im Juni 2020 konnte die Einrichtung mit dem Erwerb der Zertifizierung als nachhaltiger Kindergarten einen ersten Erfolg verzeichnen, im Jahr 2021 erhielt das Projekt den German Design Award Special.

 

Die Räume der „Flügelnuss“ wirken hell, freundlich und aufgeräumt. In der Strukturierung des Raums zeigt sich die Variationsfähigkeit und Vieldeutigkeit: Durchgängiges Gestaltungsthema ist die lamellenartige Wandverkleidung, die nicht nur die Wand vor Verschmutzung schützt, sondern dazu auffordert mit ihr zu interagieren: etwas einzustecken, einzuhängen, daran zu binden, etc.

 


Küche/Essbereich (© fröbel Bildung und Erziehung gemeinnützige GmbH)


Wichtig war der Blick auf eine klare und systematische Gestaltung sowie die Konzentration auf wenige, multifunktionale Möbelstücke. Das eigens entwickelte Mobiliar ist maßlich darauf abgestimmt und besteht aus bausteinartigen Elementen, vieldeutig und variabel, um Deutungsmöglich- keiten und Gestaltungsfreiheiten für unerwartete, neue phantasievolle Nutzungen anzubieten.

 

Zur Akzentuierung und besseren Unterscheidung der Räume sind einzelne Wände vollflächig in Blaugrau oder gedecktem Flieder eingefärbt. Außerdem erhalten einzelne Bereiche zusätzlich spezielle charakterbildendende Ausstattungselemente, wie beispielsweise ein apfelgrüner Küchenblock als Treffpunkt in der Kinderküche, eingebettet in eine Podestlandschaft, die es den Kindern ermöglicht, aktiv mitzuwirken.

 


© Boris Breuer



© Boris Breuer


Die Podeste sind zudem auf die Matratzengrößen für den Mittagsschlaf abgestimmt und in Größe und Gewicht so gestaltet, dass Kinder noch selbständig damit hantieren und sie zu terrassierten Schlaflandschaften oder Spielpodesten zusammenfügen können. Die Matratzen können entweder einfach oben aufgelegt oder in das umgedrehte Podest hinein versenkt werden.

 


© bullahuth Fotografie & Gestaltung



UN SDG Ziele im fröbel-Kindergarten Flügelnuss © fröbel e.V./ Foto: Boris Breuer


Schon bei der Planung der Ausstattung der Kita wurden die Nachhaltigkeitsziele der UN fest im Konzept und der Ausführung der Innen- und Außenräume verankert. Bei der Materialauswahl des Spielzeuges wurde weitestgehend auf Plastik verzichtet und sich für pädagogisches Spielzeug entschieden, das sinnvoll, ökologisch und notwendig ist.

 

„Kinder erspielen sich, was Raum und Dinge an Realitäten ermöglichen. Dort, wo Wege und Funktionen zu stark festgelegt sind, bleiben mit der Zeit Entdeckungen, Neugierde und Bildungsgelegenheiten aus. Raumgestaltung und Raumausstattung sollten Kindern daher erlauben, sich forschend und experimentell in ihnen zu bewegen.“

 

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